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Maria Kluge: Begeisterungsfähig und begeisternd

Die in München geborene Achtsamkeitstrainerin und Körpertherapeutin Maria Kluge lebte lange in Italien und den USA und gründete 1993 in Charlottesville, Virginia, das Dogwood Institute für alternative Medizin. Gemeinsam mit ihrem Mann John Kluge förderte sie zahlreiche Pioniere wie Joan Halifax, Jon Kabat-Zinn, Amishi Jha, Paul Ekman und Patricia Jennings. Sie unterstützten das internationale Mind and Life Institute, das Center for Healthy Minds von Richard Davidson und Schulprojekte des Dalai Lama. Zurück in Deutschland hat sie mit dem Verein für Achtsamkeit in Osterloh einen weiteren Ort der Begegnung geschaffen.

Interview: Andreas de Bruin

Maria, wann wurde dir eigentlich bewusst, dass du in der Welt auch etwas bewegen möchtest?

Eigentlich wollte ich schon als Kind bestimmte Dinge erreichen. Zum Beispiel durften wir in unserem Garten nicht ohne zu fragen Erdbeeren oder Johannisbeeren pflücken. Es gab bei uns aber häufig Hauskonzerte, zu denen viele Gäste kamen. Da habe ich den Gästen von unserem schönen Beerengarten erzählt, den ich ihnen gerne einmal zeigen würde. Im Beerengarten habe ich dann zu ihnen gesagt: „Du kannst gerne eine Beere pflücken.“ Und natürlich haben sie mir auch eine gepflückt. Damals war ich fünf oder sechs.

Das war schlau, oder?

Ja, schon. Ich dachte mir, so bekomme ich, ohne um Erlaubnis zu fragen, meine Erdbeere, und zugleich wollte ich auch die Menschen selbst die Erdbeere erfahren lassen. Es gab eigentlich keinen Abstand zwischen mir und der Welt.

Auch waren das Entdecken und Erfahren für mich immer sehr wichtig. Mit etwa zwölf bin ich mit meiner Mutter zum Yoga gegangen. Schon damals fand ich es unheimlich interessant, den Körper auf diese Weise kennenzulernen. Ich erinnere mich noch, wie ich einmal nach dem Yoga auf mein Fahrrad gestiegen bin und auf einmal richtig spürte, dass ich ein Hüftgelenk habe. Wow, ich habe ein Hüftgelenk! Im Laufe der Jahre habe ich mich immer mehr und mehr in den Körper vertieft.

Hast du deshalb auch das Institut für alternative Medizin gegründet?

Das war in Virginia in den Neunzigern. Wir waren sehr viele, alle aktiv im gesundheitlichen Bereich, und wollten unbedingt holistisch arbeiten und verschiedene Methoden anwenden. Im Angebot hatten wir unter anderem Osteopathie, Homöopathie, Physiotherapie, Shiatsu, Feldenkrais, Alexander-Technik, Yoga, Tai-Chi und MBSR-Kurse.

Es war uns aber wichtig, dass wir die Behandlung eines Patienten gemeinsam besprachen und auch über die Art und Weise redeten, wie wir mit den Patienten umgingen. Die verschiedenen Sichtweisen und Perspektiven und dieser Austausch waren enorm bereichernd und haben den eigenen Blick auf die Patienten und die Welt insgesamt erweitert. Tausende haben unser Zentrum besucht, es war immer voll.

Stimmt es, dass der Dalai Lama auch da war?

Ja, mein Mann wollte mich glücklich machen. Er wollte unserer tiefen Bindung Ausdruck verleihen, und zwar auf eine Weise, die für mich von besonderer Bedeutung war. So luden wir den Dalai Lama ein, weil wir uns einen Segen von ihm wünschten. Tatsächlich kam er dann auch, mit vielen Mönchen und Autos.

Wie war das? Das interessiert mich.

Wir haben erst die Mönche gefragt, ob sie mitessen wollen, und dann haben wir auch ihn gefragt und er hat Ja gesagt. Da waren die Mönche ganz irritiert, denn er hatte noch nie bei jemandem zu Abend gegessen. Wir waren 20 Leute an einer Riesentafel. Davon hätte ich jetzt gern ein Foto.

Wie ist es, mit dem Dalai Lama am Tisch zu sitzen?

Es war aufregend, aber alle fühlten sich sehr wohl. Er ist humorvoll und zu jedem freundlich. Er macht überhaupt keine Unterschiede und ist mit jedem so präsent. Sein Interesse ist kristallklar. Zum Beispiel saß neben ihm ein Neffe von mir, der damals, in den 1990er-Jahren, ein Elektroauto entwickelt hatte. Die beiden haben sich über Mechanik unterhalten, und mein Neffe war unglaublich überrascht und beeindruckt, wie viel der Dalai Lama davon wusste (…) Mehr

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Dieser Artikel stammt aus unserer Frühjahrs-Ausgabe 01/2022: Wege bereiten für eine lebenswerte Welt von morgen.


„Es geht darum, das Bewusstsein bei den jungen Menschen zu stärken, die Autorität, der Autor des eigenen Lebens zu sein. Junge Menschen sollten nicht mundtot gemacht werden, sondern von Anbeginn die Möglichkeit haben, zu partizipieren.“

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