Für immer Kind?

Im Umgang mit den eigenen Eltern werden viele von uns gefühlt wieder zu Kindern. Die Eltern-Kind-Beziehung aus unserer Vergangenheit bestimmt außerdem oft unser Verhalten und emotionales Erleben gegenüber uns selbst, unserer Familie und anderen Menschen. Sandra Teml und Martin Wall zeigen, wie ein Ausstieg aus emotionalen Abhängigkeiten und oft ungesunden Verhaltensmustern gelingen kann – durch den Prozess der „Entelterung“. Gleich zu Beginn stellen die Autoren klar, dass es hierbei weder um eine Abwertung der eigenen Eltern noch um eine emotionale Abrechnung mit Vergangenem geht: „In dem Moment, in dem wir mit dem Finger auf unsere Eltern zeigen, stellen wir sie in die Täterecke und machen uns (wieder) zum Opfer.“ Es geht vielmehr darum, den Eltern und unserem Umfeld nicht mehr mit den gleichen Anpassungsstrategien zu begegnen, die als Kind nötig waren, um in der Familie einen Platz zu finden.

Checklisten, Fragebögen, zahlreiche Beispiele aus der Praxis sowie eine Übersicht über die Phasen kindlicher Entwicklung helfen dabei, sich erst einmal der eigenen Muster und Verstrickungen bewusst zu werden – der erste Schritt in Richtung Emanzipation von den Eltern und ungewollten Einflüssen aus der Vergangenheit. Dann gilt es, diese Prägungen mithilfe psychologischer Methoden wie dem Mentalog, einem fiktiven Dialog mit den Eltern, aufzulösen und durch bewusst gewählte Verhaltensweisen im Hier und Jetzt zu ersetzen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen und auf Augenhöhe die Beziehung zu den Eltern, zum Partner und zu den eigenen Kindern auf eine gesunde Weise neu zu definieren. Ein spannendes, gut zu lesendes Buch mit zahlreichen Anregungen und Anleitungen für eine neue, bewusste Beziehungskultur.